Es wird geplant. Immer wieder beschäftigt man sich mit der Entwicklung des Geländes an der Göltzschtalbrücke – neuerdings wieder intensiv mit Unterstützung der Agentur Mascontour und erfreulich pragmatisch mit der Fußgängerbrücke und anderen baulichen Maßnahmen am Fuße der Brücke. Das ist gut und dennoch würde ich gern über Dinge reden, die ich nicht in die üblichen Planungshorizonte verschoben wissen möchte.
Immer wieder wird auf die Potentiale der Brücke als überregionalen Tourismusmagnet hingewiesen. Genau diese Potentiale gibt es aber seit Jahrzehnten und dennoch wurden sie nie ausgeschöpft. Hoffen wir nun darauf, dass sich dies ändert – aber behalten wir dennoch das Kurzfristige im Auge.
Völlig unzweifelhaft ist die Anziehungskraft der Brücke selbst. Wenn auch keine Heerscharen das Areal bevölkern, so gibt es doch immer einen guten Besucherstrom an der Brücke. Zuletzt nochmals angefeuert von einer hier recht entrüstet rezipierten Fernsehserie.
Ankommende erwarten zunächst einfache Dinge. Man ist ein Stück gefahren – ein Besatzungsmitglied muss ganz sicher auf Toilette. Ein anderes hat Hunger, noch eins Durst. Diese Grundbedürfnisse gilt es zu befriedigen – und zwar zu jeder Jahreszeit.

Dann wird man sich auf den Weg machen, um die Brücke zu bestaunen. Vielleicht hat man sich vorher informiert – vielleicht aber auch nicht. Im zweiten Fall sucht man nach Informationen. Kurzen Informationen, nicht „halben Büchern“. Im Moment findet man ein wildes Konglomerat: Hinweise auf nahe gelegene andere Ziele, Werbung für teilweise geschlossene Gastronomien – Schilder, Tafeln, Wanderempfehlungen wohin man nur schaut. Das man zur Brücke gehen will ist klar. Aber welche Runden gibt es denn noch? Völlig uninteressant ist es, dass man von hier aus bis zur Ostsee laufen kann. Es stellt sich die Frage: Geht das mit Oma? Hier sollte man sich auf das Wesentliche konzentrieren, Rundwege mit einer maximalen Dauer von 45 min. Wanderer informieren sich vor dem Ausflug auf anderen Kanälen. Aber dass man sich die Burg Mylau ansehen und wenn man schwitzt, sogar aus zwei Freibädern wählen kann – traumhaft eigentlich.

Für Kinder wäre ein Spielplatz schön, der nicht nach fünf Minuten seinen Reiz verloren hat. Und schon wieder ist eine Stunde verstrichen – und wir sind zurück am Anfang: Mutti und Vati würden jetzt ganz gern einen Kaffee trinken.
Dies alles ist so trivial, das man es eigentlich nicht näher zu besprechen braucht. Hier können wir uns freuen, dass es Profis gibt, die uns helfen, diese Punkte aufzuschreiben und zu planen.
Kommen wir deshalb auf etwas zu sprechen, was mir immer wieder als Vision begegnet: Die Göltzschtalbrücke als Kulisse für Großereignisse. Höre ich immer wieder – frage mich dann aber nur: Wenn dem so ist, warum stagniert das Ganze seit Jahren bei nur zwei Veranstaltungen? Was hält denn die kommerziellen Veranstalter ab, jede Woche im Sommer Roland Kaiser oder Nabucco auf die Bühne zu bringen? Kann es sein, dass wir 360 Tage im Jahr einen Schotterplatz vorhalten, um uns wenige Male im Jahr zu vergewissern, vor welcher großartigen Kulisse wir leben? Und verhindert das nicht auch, den Ort für Dinge zu nutzen, die aus sich selbst entstehen – die kleiner sind, aber vor unlösbaren logistischen Aufgaben stehen? Allein an Strom zu kommen ist ein eigener Punkt im Projekt. Und muss man sich in einer Zeit, in der der Trend zu immer größeren Konzerten, zu immer höheren Preisen an immer weniger Orten geht, wirklich mit den Elbwiesen messen? Müssen wir unsere Hoffnungen auf kommerzielle Anbieter richten? Sie bringen uns zwar großartige Events, erwarten aber von unseren finanziell nicht gerade üppig ausgestatteten Kommunen wochenlange Vorarbeiten, um Parkplätze und Infrastruktur bereitzustellen.
Kurzum: Sollten wir uns nicht darauf konzentrieren, einen Wohlfühlort für jeden Besucher zu schaffen. Und das sind neben denen, die einmal im Jahr auf ein Konzert gehen eben auch die vielen aus der näheren Umgebung – Anwohner und Tagestouristen. Wenn die Familie mal wieder nicht weiß, was man am Sonntag machen kann, sollte die Göltzschtalbrücke der Ort sein, an dem man sich gern aufhält – an dem man erwarten kann, dass Leben herrscht. Dafür ist nicht wirklich viel nötig. Mal ein Markttag, ein kleiner Rummel, Käffchen und Kuchen. Und eine Infrastruktur, die es kleineren Projekten ermöglicht, die Örtlichkeiten zu nutzen. Der Ruf nach einer Generallösung in einer sich zunehmend differenzierenden Zeit ist anachronistisch. Lasst uns die Dinge vielfältig sehen: Mountainbiketracks neben Spazierrunden. Skaterpark neben Nordic Walking. Gemütliche Picknickecken neben einem Gastronom, der mir einen vorzüglichen Espresso anbieten kann. Und ein paar weniger Bauzäune wären auch ganz schön.
Dass es endlich einen Radweg von Reichenbach nach Greiz geben und dieser im Tourismuskonzept erwähnt sein muss, habe ich verstanden. Ich weiß aber auch, dass bspw. Planungen zum Hochwasserschutz ihn zwar nicht verhindern, die Realisierung aber in weite Ferne rücken lassen. Lasst uns an den Dingen arbeiten, die wir noch vor unserer Rente erleben können. Dafür brauchen wir eine gemeinsame Idee. Sonst schraubt irgendwann wieder jeder, der nicht warten kann, sein eigenes Schild an die Brücke.
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